Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben mir in Ihrer Rede wiederholt Unredlichkeit vorgeworfen. Ich hätte es begrüßt, wenn Sie Ihren Vorwurf auch nur an einer einzigen Stelle konkretisiert hätten.
Meiner Meinung nach wäre es fair, hier nicht nur irgendwelche Luftblasen in den Raum zu stellen, sondern auch zu sagen, was man damit konkret meint.
Eine weitere Anmerkung. Sie haben gesagt, hier werde mit unbestätigten Zahlen hantiert. Entschuldigen Sie bitte. Die im Umlauf befindlichen Zahlen - 10 Millionen Euro bei der Behindertenhilfe, Kürzungen bei AIDS, Kürzungen bei Sucht, mindestens eine Halbierung des Landesblindengeldes - stammen doch nicht von mir. Die haben doch Sie in der vorigen Woche in einer Pressekonferenz in die Welt gesetzt. Nun wundern Sie sich, wenn Sie diese Zahlen nicht mehr loskriegen, meine Damen und Herren.
Es hat Sie doch niemand gezwungen. Ich möchte einmal mit diesem Ammenmärchen aufhören, die Vorstellungen, die das alte Kabinett entwickelt hat, komplett zu übernehmen. Das machen Sie doch in anderen Punkten auch nicht. So viel Selbstverständnis - das richte ich jetzt an die CDU-Fraktion und die Koalition - hatten wir bisher immer im Parlament, dass das eine die Regierungsvorlagen waren, und das andere war die parlamentarische Arbeit. Meine Damen und Herren, wir von der SPD-Fraktion können uns an dieser Stelle wirklich bescheinigen: Wir haben die schlimmsten Kürzungen im Sozialbereich in der Regel korrigiert. Sie aber haben noch welche draufgesetzt.
Ich finde es ganz erstaunlich, dass Sie in Ihrem Antrag fordern müssen, sich mit den Verbänden zusammenzusetzen und mit den Wohlfahrtsverbänden sowie den kommunalen Spitzenverbänden zu reden. Mein Gott, das ist Ihr gesetzlicher Auftrag. Wenn Sie einen Beschluss brauchen, um Recht und Gesetz umzusetzen, dann beschließen Sie das bitte schön. Da Sie das andere aber wundert und Sie hier eben gesagt haben, dass in unserem Änderungsantrag Punkte enthalten seien, mit deren Umsetzung Sie bereits begonnen haben, muss ich Ihnen von der Koalition sagen: Normalerweise dürften Sie mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion überhaupt keine Schwierigkeiten haben. Er enthält nämlich zu 100 % Versprechungen, die die Ministerin im Sozialausschuss gemacht hat. Das sind also Ihre Punkte, meine Damen und Herren.
Ich bin ja nur darauf gespannt, wie Sie sich verhalten. Normalerweise werden Sie doch dem zustimmen, was Ihre Ministerin vorgetragen hat. Wenn nicht, müssen Sie selbst mit Ihrer Glaubwürdigkeitskrise fertig werden. Ich finde schon ganz interessant, wie Sie sich an dieser Stelle verhalten.
Sie dürfen doch nicht Ihre eigenen Anträge beschimpfen. Sie müssen nur dazu stehen. Mehr brauchen wir doch gar nicht.
Sie haben heute Morgen deutlich gemacht - ich finde, das reicht -, wie Sie mit partnerschaftlicher Sozialpolitik in Wirklichkeit umgehen. Sie, Frau von der Leyen, haben hier eben auch wieder gesagt, Sie befänden sich im Gespräch. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Ich habe gestern mit allen Wohlfahrtsverbänden telefoniert. Alle haben mir bescheinigt, dass mit ihnen zwar über die 46 Millionen Euro geredet worden ist, die im Raum stehen, aber über die 156 Millionen Euro hat bis heute niemand von der Landesregierung - ganz zu schweigen Sie - mit den Wohlfahrtsverbänden geredet. Das erklärt auch die Schlagzeilen der letzten Tage, in denen sich die Wohlfahrtsverbände samt und sonders massiv gegen diese Kürzungen ausgesprochen haben.
Wir reden doch miteinander. Glauben Sie, wir leben auf den Bäumen? Ich weiß, dass der erste Gesprächspartner, der am Montag mit den Wohlfahrtsverbänden reden wird, Herr McAllister ist. Er ist für den GA-Ausschuss um 11.30 Uhr angekündigt. Das sage ich, damit Sie das genau wissen. Ich habe eine Bitte. Sie sollten dort etwas anders an die Sache herangehen, Herr McAllister, als Sie dies in der Osnabrücker Zeitung skizziert haben. In der Ausgabe vom 19. Juni haben Sie nämlich gesagt: Für jeden, der Ihnen eine Streichung präsentiert, geben Sie ein Bier aus.
Ich wollte Ihnen nur sagen: In der Sozialpolitik geht es um das Einzelschicksal von Menschen. Da geht es nicht darum, auf diese Art und Weise ein Saufgelage zu organisieren. Ich finde das voll daneben, meine Damen und Herren!
Es tut mir Leid. Das sind nicht meine Formulierungen. Ich finde es schon toll, wie Sie hier massive Vorgänge im Land zum Teil titulieren.
Ich möchte noch eines sagen. Sie machen es immer so ganz locker. Herr McAllister, Herr Rösler und auch andere sagen: Wir müssen auch einmal an die Kleinstförderprogramme herangehen. Herr McAllister, vielleicht fragen Sie einmal Frau Dr. Trauernicht. In den Hauptakten liegen wohl noch Ihre Dankesschreiben für die Kleinstförderprogramme, die bei Ihnen im Wahlkreis angekommen sind. Aber unabhängig davon, ob das so ist oder nicht, müssen wir uns einmal Gedanken darüber machen, was sich hinter diesen Kleinstförderprogrammen, die die Ministerin heute Morgen als niedersächsische Streubüchse bezeichnet hat, eigentlich verbirgt. Dahinter verbirgt sich der erste niedersächsische Kinder- und Jugendplan. Der hat drei Ziele: erstens eine vernünftige Kindheit sichern, zweitens die Beteiligung von jungen Menschen fördern und drittens Arbeit und Ausbildung für alle sichern. Das sind exakt die Schwerpunkte des Landes nach dem Kinder- und Jugendhilferecht. Sie sollten aufhören, an dieser Stelle Kleinstförderprogramme pauschal zu diffamieren, meine Damen und Herren.
Zu den Kleinstförderprogrammen gehört im Übrigen auch das Hebammenprojekt, ein Projekt für Hilfe für minderjährige Mütter oder Mütter in schwierigen Lebenslagen. Der Ministerpräsident dieses Landes ist im Stiftungsgremium dieses Hebammenprojektes. Das ist ein für diesen Personenkreis extrem wichtiges unterstützendes Projekt. Und auch hier sagen Sie: Wir können alles streichen. - Natürlich kann man über das eine oder andere reden. Aber schauen Sie doch erst einmal, was dahinter steckt, bevor Sie hier pauschal solche Rundumschläge machen.
Ich finde, es ist an einer Stelle - das will ich auch noch einmal sagen - kaum noch zu ertragen. Da geht die Sozialministerin am 13. Juni, vor wenigen Tagen, zu der LAG Hospiz in Niedersachsen und erklärt, dass die Landesregierung trotz der immensen finanziellen Probleme des Landes alles dazu beitragen werde, was möglich sei, um die Hospizbewegung zu unterstützen.
Das finde auch ich sehr gut. Aber wissen Sie, was ich nicht sehr gut finde? - Ich finde es nicht gut, dass Sie im gleichen Atemzug den Hospizeinrichtungen für schwerstkranke Kinder die Mittel aus dem Haushalt nehmen. Das ist doch absolut unredlich, meine Damen und Herren!
Sie hatten genau für diesen Bereich nur 500 000 Euro Investitionskosten vorgesehen. Das aber haben Sie ersatzlos gestrichen. Ich habe den Eindruck, Sie haben in den letzten Wochen jede sozialpolitische Balance verloren.
Um es einmal freundlich zu sagen: Frau Ministerin, ich würde Ihr Ministerium zwischenzeitlich als MAUS titulieren: Ministerium für Ankündigungen, Unverbindlichkeiten und Sozialabbau.
- Vielen Dank.