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- Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/3100 - Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/3340 - 3355 Uwe Schwarz, SPD: Anrede, zunächst meinen Dank für die detaillierten und umfangreichen Haushaltsberatungen im Ausschuss, insbesondere an das Haushaltsreferat, Herrn Hinrichs und seine Kolleginnen und Kollegen für die umfassende Arbeitsmappe und die zügige Nachlieferung der erbetenen Unterlagen. Ich glaube, wir grenzen uns da im Sozialausschuss wohltuend von anderen Fachbereichen ab und das sollten wir auch so beibehalten.

Palliativmedizin

Wir begrüßen ausdrücklich, dass nach dem Weggang von Frau v. der Leyen im Bereich der Palliativmedzin anstelle von Fensterreden endlich im Sinne unseres einstimmigen Landtagsbeschlusses gehandelt wurde. Insofern sind wir uns auch in der zusätzlichen Finanzierung einig. Allerdings darf es nicht vordringlich um die krampfhafte Installierung von 10 weiteren Stützpunkten gehen, sondern zunächst um die Sicherung der jetzt bestehenden 10 Stützpunkte. Bei aller Kritik an der geplanten Gesundheitsreform, gerade für die palliativmedizininsche Versorgung bedeutet sie einen großen Fortschritt.

Haushaltskürzungen/globale Minderausgaben

Mit dem vorliegenden Haushalt erweckt die Landesregierung den Eindruck, die Regierung werde bis zur Landtagswahl ihre Politik des rasanten Sozialabbaus beenden. Auf den zweiten Blick wird schnell klar, dass auch in diesem Haushalt massiv gekürzt wird, und zwar mindestens in Höhe der globalen Minderausgabe von knapp 30 Mio. . Angesichts von lediglich 47,6 Mio. freiwilliger Leistungen steht fest, dass die Regierung möglichst unauffällig irgendwie 60% aller freiwilligen Leistungen wieder einfangen muss. Ich verspreche Ihnen, wir werden höllisch aufpassen, dass Sie einen derartigen Sozialabbau durch die Hintertür nicht erneut organisieren.

25 Mio. Kinderbetreuungsprogramm

Paradestück dieses Haushaltes sollte ein neues 25 Mio. Programm zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung und der Tagesbetreuung sein. Was jedoch vorgelegt wurde, ist ein Sammelsurium von Begriffen, die irgendjemand schon mal gehört und dann zusammengeschrieben hat. In drei Ausschusssitzungen war es dem Ministerium nicht möglich, das Konzept schlüssig zu erläutern. Die Ausführungen waren so wirr, dass selbst die Koalitionsfraktionen zweimal um Vertagung baten. Wirklich neu ist lediglich die Schaffung eines weiteren Landespreises. Das mag zwar den Bekanntheitsgrad der Ministerin erhöhen für die Kinder bringt es gar nichts. Im Ergebnis finanziert das Land Aufgaben, die nach dem TAG eindeutig zu den Pflichtaufgaben der Kommunen gehören. Bestraft werden die Kommunen, die gesetzestreu bereits ihre Hausaufgaben gemacht haben. Mit Mitnahmeeffekten werden dagegen genau die Kommunen belohnt, die sich bisher mit Kinderbetreuungseinrichtungen zurückgehalten haben. Dieses Programm ist Verplemperung von Geld, das an anderer Stelle für Kinder dringend gebraucht wird.

Kinderschutz

In den letzten Monaten wurde viel über Kinderschutz geredet. Die Verantwortlichkeiten werden zwischen Bund und Ländern hin und her geschoben. Das war bei Kevin so, bei Jessica, bei Nadine, und der nächste Fall wird folgen. Wir wollen, dass über Kindeswohl nicht laufend nur geredet, sondern endlich gehandelt wird, und zwar von jedem in seinem Zuständigkeitsbereich. Als die SPD Anfang dieses Jahres in einem Antrag Pflichtuntersuchungen, die flächendeckende Einführung von Familienhebammen und ein 24- Stunden-Notruf-Telefon für Kinder gefordert hat, haben Sie uns dafür gescholten. Unseren Antrag haben Sie bis heute unbearbeitet liegen gelassen. Die Ministerin war erst gegen Pflichtuntersuchungen, dann wollte sie die Entwicklung auf Bundesebene abwarten, und nun ist sie lt. Presseerklärung vom 24.11. für verbindlichere Untersuchungen. Frau Ministerin, Sie sollten sich schon mal entscheiden. Entweder verbindlich oder nicht, verbindlichere Untersuchungen gibt es nicht. Der CDU-Bundesparteitag hat nun beschlossen, die bislang freiwilligen Untersuchungen der Krankenkassen (U1 - U9) verpflichtend zu machen. Allerdings ist aus der Anhörung des zuständigen Bundestagsausschusses längst klar, warum Pflichtuntersuchungen über die Kassen nicht funktionieren. Das wirksame Instrument dafür ist der öffentliche Gesundheitsdienst auf der Länderebene. Genau das will die SPD umsetzen. Wir wollen 5 verpflichtende Untersuchungen von der Aufnahme in den Kindergarten bis zum Ende der 3. Klasse in der Grundschule. Dafür stellen wir 6 Mio. zur Verfügung. Wir orientieren uns am finnischen Modell, das eine Kooperation mit den Eltern gewährleistet, aber wenn notwendig, auch mit der Jugendhilfe. Wir wollen die flächendeckende Einführung der Familienhebammen als aufsuchendes Instrument der Familienhilfe, und zwar von der Schwangerschaft bis mindestens zur Vollendung des 2. Lebensjahres des Kindes. Dafür stellen wir 7 Mio in den Haushalt ein. Wir wollen ein 24-Stunden-Kinder-Notruf-Telefon und setzen dafür 150.000 ein. Ich habe kein Problem damit, dass die Koalitionsfraktionen wenigstens diesen Teil unseres Entschließungsantrages übernommen haben. Das hätte bei früherer Einsicht schon lange umgesetzt sein können. Frau Mundlos hat nun erklärt (PI am 8.11.06): Niedersachsen ist Vorreiter beim Kinderschutz Leider ist das falsch. Sowohl die Ministerin als auch Sie sind zwar Vorreiterinnen bei Erklärungen zum Kinderschutz aber nicht bei der Umsetzung. Da wird der Eindruck erweckt, dass Land fördere zukünftig 200 Familienhebammen. Die Wahrheit ist, das Land gibt 40.000 Euro Zuschuss für die Koordinierungsstelle der Stiftung Eine Chance für Kinder und mit ihrem jetzt vorgesehenen Nachschlag kann die Arbeit der Stiftung gerade so fortgeführt werden. Wo und wie viele Hebammen es zukünftig gibt, überlassen Sie vollständig den Kommunen und deren finanzieller Leistungsfähigkeit - und das finde ich unredlich und angesichts der Problematik auch unverantwortlich. Frau Mundlos schreibt in einer Pressemitteilung vom 30.11.2006: Es kann nicht sein, dass mit den Schicksalen der Kinder parteipolitische Spiele veranstaltet werden. Das teile ich uneingeschränkt, aber dann hören Sie und Ihre Ministerin auch mit diesen Spielen auf. Sie hätten Ihre Ernsthaftigkeit mit uns gemeinsam unter Beweis stellen können. Als es bei der Verabschiedung des neuen öffentlichen Gesundheitsdienstgesetzes darum ging, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder in den Kindergärten und in den Schulen verbindlich festzuschreiben, hat diese Koalition das abgelehnt. Sie sind bei diesem Thema völlig unglaubwürdig und mich ärgert dieses Verhalten gewaltig. Die SPD wird für ihr vorgelegtes Programm kämpfen, und wenn das mit Ihnen aus kleinkarierten Gründen nicht geht, dann eben nächstes Jahr mit den Wählerinnen und Wählern.

Blinde

Da stellt sich der Ministerpräsident beim Paritätischen vor wenigen Tagen hin, ich zitiere aus seinem Redemanuskript: Ziel der Politik der Landesregierung für Menschen mit Behinderungen ist die Verwirklichung des Rechts auf ein selbst bestimmtes Leben. Ja, glauben Sie denn wirklich, bei den Behinderten ist schon vergessen, wie Sie starrköpfig versucht haben, blinde Menschen wieder in die Isolation zu treiben und ihnen das Selbstwertgefühl zu nehmen? Sie hatten sich nur böse verrechnet. Die Blinden in Niedersachsen haben stellvertretend für alle Behinderten - dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen schmerzhaft die Grenzen ihrer eiskalten Sozialpolitik aufgezeigt und das ist auch gut so. Wir gratulieren vor allem dem Landesblindenverband für seinen unermüdlichen Einsatz er ist zu Recht vor wenigen Tagen mit dem Politikaward 2006 ausgezeichnet worden.

Behindertenpolitik

Der nächste Geniestreich gegen Behinderte bahnt sich doch schon an. Immer noch warten die Behinderten auf das wiederholt angekündigte Behindertengleichstellungsgesetz. Der von der SPD-Regierung eingebrachte Entwurf ging der CDU damals nicht weit genug. Sie selbst haben auch nach 4 Regierungsjahren noch nicht einmal eine Vorlage zustande gebracht. In der vertraulichen Regierungsauflistung der für nächstes Jahr geplanten Gesetzesvorhaben heißt es zum Behindertengleichstellungsgesetz: Die eingesetzte Projektgruppe hat den Auftrag erhalten, den Gesetzentwurf grundsätzlich zu überarbeiten, Geltungsbereich nur noch für die Landesverwaltung und Verzicht auf alle strittigen Regelungen. Dazu brauchen Sie kein Gesetz, das können Sie auch in der GO der Landesregierung regeln. Sie haben Niedersachsen in der Behindertenpolitik bundesweit zum Schlusslicht gemacht und planen gerade den nächsten Wortbruch gegen Behinderte. Und damit das klar ist, das war nicht nur ein Problem von Frau von der Leyen, sondern das ist mit Unterstützung dieses Ministerpräsidenten geschehen. Herr Ministerpräsident, Ihre einschmeichelnden Reden stehen im krassen Widerspruch zum tatsächlichen Handeln Ihrer Regierung.

Landesjugendamt/Jugendpolitik

Da schwärmt Herr Wulf beim Paritätischen von den Jugendverbänden als tragende Säule der Jugendarbeit, vom landesweiten Jahr der Jugend und von den Finanzzuschüssen an die Jugendverbände. Leider vergisst der MP zu erwähnen, dass seine Regierung vorher - den Trägern der Jugendarbeit die Mittel innerhalb von 2 Jahren um 75%, von 2,6 Mio. auf jetzt 0,5 Mio. gekürzt hat und - die Mittel für den Kinder- und Jugendplan von 2,6 Mio. komplett rasiert hat. Als krönender Abschluss im Jahr der Jugend löst die Regierungskoalition das Landesjugendamt und noch viel schlimmer, den Landesjugendhilfeausschuss auf. An die Stelle des bisher gesetzlich geregelten Landesjugendhilfeausschusses tritt nun ein Beirat, dessen Zusammensetzung, Berufung und Aufgabenstellung völlig vom Wohlwollen der jeweiligen Landesregierung abhängig ist. Diese Gesetzesänderung wird handstreichartig durch das Parlament gepeitscht. Eine Anhörung der betroffenen Verbände wurde sowohl von der Landesregierung als auch von CDU/FDP im Parlament abgelehnt. Klar, dass Sie das Licht der Öffentlichkeit scheuen. Zwischenzeitlich liegen Petitionen von nahezu allen Verbänden der Jugendarbeit vor, die Ihr Täuschungsmanöver entlarven. Wenn man dann noch die Forderung des Landkreistages vom 28.11.2006 nach Kommunalisierung der Jugendhilfe dazu packt, kann sich jeder ausrechnen, welchen Haltbarkeitswert die Aussagen der Ministerin und der Koalition auch in dieser Frage haben werden. Ihre jugendpolitische Geisterfahrt ist jedenfalls noch nicht zu Ende und für die wachsenden Probleme in der Jugendhilfe ist das eine Katastrophe.

Väterarbeit

In dieses Bild passt auch der Umgang mit dem einstimmigen Parlamentsbeschluss zur Stärkung der aktiven Vaterrolle. Auf Nachfrage bei den Haushaltsberatungen, wo der Landtagsbeschluss denn umgesetzt worden sei, die immerhin ehrliche Antwort nirgends. Frau Ministerin, so geht das nicht. Sie mögen zwar die Opposition für lästig halten, aber Parlamentsbeschlüsse sind doch kein Lottoschein, bei dem man Glück hat, wenn er durch die Regierung gezogen wird.

Transplantationen

Vergleichbares haben wir schon beim Transplantationsgesetz erlebt. Da bringen die Koalitionsfraktionen einen Antrag zur Vorlage eines Gesetzes ein, beschimpfen die Vorgängerregierung wegen Untätigkeit, das Parlament beschließt am 24.6.04 einstimmig, und seit nunmehr 2,5 Jahren weigert sich die Regierung beharrlich, diesen Parlamentsbeschluss umzusetzen. Unabhängig von dem Thema, das nun wirklich ernst genug ist. Was haben Sie in den Mehrheitsfraktionen eigentlich für ein Verfassungsverständnis? Diese Landesregierung macht das Parlament zum Hanswurst und die sie tragenden Fraktionen schlicht lächerlich. Schließlich war es Ihr Entschließungsantrag und nicht einer aus der Opposition.

Landeskrankenhäuser

Dass der Verkauf der Landeskrankenhäuser genau in dem Moment im Kabinett unter Verschiedenes und ohne Kabinettsvorlage beschlossen wurde, als sich die eigenen Sozialpolitiker in Finnland aufhalten, zeigt einmal mehr, welchen Stellenwert die Sozialpolitik in dieser Koalition hat nämlich gar keinen. Ich habe gestern gelesen, die Ministerin arbeite geräuschlos. Das kann man bei den Landeskrankenhäusern wirklich nicht behaupten. Erst hat sie mehrfach Tausende von Beschäftigten lautstark auf die Straße gebracht und seitdem findet Frau Ross-Luttmann zu diesem Thema vorsichtshalber überhaupt nicht mehr statt. Ich kann das verstehen, was hat sie nicht im Vorfeld alles versprochen:
  • · transparentes Bieterverfahren,
  • · Einbinden der Beschäftigten,
  • · 200 privat finanzierte Betten im Maßregelvollzug,
  • · kein Verkauf um jeden Preis.
Nichts davon haben Sie gehalten. Es gibt ein völlig undurchsichtiges Bieterverfahren mit Zurückgestellten und Nachrückern. Vorher wurden zufällig hochrangige Mitarbeiter von potentiellen Bietern durch die Landeskrankenhäuser geschickt, um den Mitarbeitern die Privatisierung schmackhaft zu machen. Bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes stellt die Staatskanzlei fest, dass zwangseingewiesene Patienten nach dem PsychKG nur durch das Land betreut werden dürfen, was die Privatisierung vollends zur Farce machen würde. Also verschwinden die entsprechenden Paragraphen heimlich aus dem Gesetzentwurf. Leider fliegt das auf und nun haben Sie Erklärungsschwierigkeiten. Und während dem Landtag noch erzählt wird, es sei alles im Zeitplan, bekommen die Mitarbeiter am 16.11.2006 einen Brief. Entgegen der bisherigen Planung werde es im Jahr 2006 noch keine Bekanntgabe der neuen Träger geben. Die Erteilung der Zuschläge an die Bieter erfolge erst im ersten Quartal 2007, ggf. sogar noch später im ersten Halbjahr 2007. Wissen Sie eigentlich, was diese Hängepartie für die Beschäftigten bedeutet? Vor Ort haben Sie zwischenzeitlich jeglichen Kredit verspielt. Die völlig planlose Zusammenführung in Maßregelvollzugszentren führt zu ebenso kritischen wie chaotischen Verhältnissen in einzelnen Häusern. So gibt es z. B. in Moringen 20 Betten für suchtkranke Patienten (§ 64 StGB). Zwischenzeitlich sind dort bei gleicher Personalausstattung 48 Personen untergebracht mehr als doppelt so viele. Moringen ist außerdem die zentrale Aufnahmestelle für Frauen, inzwischen ist dort kein einziges Notbett mehr vorhanden. Sie, Frau Ministerin, bewegen sich auf ganz dünnem Eis und wehe, wenn es bricht. Die mangelnde Professionalität und Hilflosigkeit beim Handling dieses Themas durch das Sozialministerium wird mit fortschreitendem Verfahren immer deutlicher. Diese Regierung will einen Verkauf um jeden Preis - ungeachtet der Folgen für Patientinnen und Patienten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was für Frau von der Leyen das Blindengeld war, das werden für Frau Ross-Luttmann zusehends die Landeskrankenhäuser nämlich eine grandiose Bruchlandung.

Aids

Anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1.12.06 hat die stellv. CDU-Fraktionsvors. Frau Mundlos vor aufkommender Sorglosigkeit gegenüber AIDS-Infektionen in Deutschland gewarnt. Es sei wichtig, gerade junge Menschen über den Virus wieder verstärkt aufzuklären. Wir teilen diese Einschätzung ausdrücklich. Wir haben jedoch kein Verständnis, wenn die CDU/FDP-Regierung die Mittel der AIDS-Hilfen seit Beginn ihrer Amtszeit um 543.000 reduziert hat. Ab 2008 plant die Landesregierung nachweislich der Mipla eine erneute zusätzliche Kürzung um 25% bei den AIDS-Hilfen. Dieses Vorhaben wäre das Ende der AIDS-Prävention in Niedersachsen. Mit den Gefahren dieser Krankheit und mit den Betroffenen spielt man nicht, allein diese Planspiele sind verheerend. Die SPD-Fraktion schlägt deshalb in ihrem Haushaltsantrag eine Aufstockung der Mittel um 120.000,- auf 1,5 Mio. vor, und ich gehe davon aus, dass die CDU nach der PI von Frau Mundlos diesem Antrag zustimmen wird.

Pflege

2005 haben diese Regierung und die Mehrheitsfraktionen die gesamten Landesmittel für die stationäre Altenpflege gestrichen, angeblich zur Stärkung der ambulanten Pflege, in Wirklichkeit aus Gründen der Haushaltsersparnis. Als Ergebnis dieser Politik wurden 12ooo Pflegebedürftige zusätzlich in die Sozialhilfe gedrängt und werden in einigen Landkreisen aus Kostengründen in Mehrbettzimmern untergebracht. Ein Lebensabend ohne Privat- und Intimsphäre. Dieses Verfahren lehnen wir nach wie vor entschieden ab. Nun zeigt der Landespflegebericht aufgrund der demographischen Entwicklung für Niedersachsen dramatisch wachsende Bedarfe sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege und bei alternativen Wohnformen an. Dieses ist eine gigantische Aufgabe und Herausforderung für die nächsten Jahre. Wer nun erwartet, dass das Sozialministerium auf der Basis seines eigenen Landespflegeberichtes beginnend mit dem Haushalt 2007 eigene Lösungsstrategie aufzeigt, wird diese vergeblich suchen. Im Bereich der Altenpflegeausbildung fehlen Praxisplätze, die ambulanten Pflegeeinrichtungen bilden weitgehend überhaupt nicht aus. Noch zehren die Einrichtungen von überzähligem Pflegepersonal aus den Krankenhäusern, aber das ist keine Dauersituation. Wir halten das Verhalten der Sozialministerin für fahrlässig, meine Damen und Herren. Die SPD-Fraktion hat in ihrem Haushaltsantrag 500.000,- für die Erarbeitung eines Handlungskonzeptes durch eine externe Fachkommission zur Umsetzung des Landespflegeplanes und zur Vermeidung eines Pflegenotstandes eingestellt.

Städtebau/Wohnungswesen

Bereits im 100-Tage-Programm hatte das Sozialministerium die Aufstellung eines erweiterten Städtebauförderungs- und Wohnraumförderprogramms angekündigt. Inzwischen nähern Sie sich schon Ihren letzten 100 Tagen und ein Programm ist immer noch nicht in Sicht. Die Landesregierung schwadroniert gerne über die Schaffung von Arbeitsplätzen und ihre angebliche Wirtschaftskompetenz, doch die Realität für die Bauwirtschaft in Niedersachsen sieht ganz anders aus. Jeder weiß, dass Investitionen in der Stadtsanierung sich verachtfachen. Allein mit den notwendigen 7 Mio. Landesmitteln für den übrigens auch dringend notwendigen Stadtumbau West wird ein Investitionsprogramm von 168 Mio. pro Jahr zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen freigesetzt. Und genau das haben wir in unserem Haushaltsantrag finanziert. Die Koalition hingegen hat durch Nichthandeln allein in den vergangen 3 Jahren über ½ Mrd. an Investitionsmitteln verschenkt. Das hätte den Menschen jedenfalls mehr Arbeitsplätze gebracht, als Ihre Idee von Ladenöffnungszeiten rund um die Uhr. Letzteres ist ein schwerer Schlag gegen Familien und alles andere als eine zukunftsweisende Familienpolitik. Dem Land stehen ab Januar 2007aus der Übertragung der Wohnraumförderung zusätzliche 39,9 Mio. zur Verfügung. Ich erwarte, dass dieses Geld nicht nach dem Windhund- und Gießkannenverfahren ausgegeben wird, sondern dass Sie, Frau Ministerin, dem Landtag umgehend einen Gesetzentwurf vorlegen, damit die Förderung zielgenau erfolgen kann.

Armut

Die Armut vor allem die verschämte Armut nimmt in unserem Land deutlich zu. Die CDU/FDP-Koalition hatte zwar den Armutsbericht der früheren rot-grünen Bundesregierung heftig kritisiert. Sie selber verweigern allerdings seit Regierungsantritt die Vorlage eines eigenen Landesarmutsberichtes. Die Gründe sind durchsichtig, bloß keine Schlagzeilen über die Ergebnisse Ihrer Sozialpolitik. Die Einstellung des Ministerpräsidenten zur Lösung des Problems kann man in seinem Redemanuskript vor dem Paritätischen am 24.11.2006 nachlesen: Eine der wichtigsten Ressourcen der Armutsbekämpfung ist die Selbstmotivation und daraus resultierend die Fähigkeit, andere mitzureißen. Welche Bitternis muss diese Aussage bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auslösen, die ihre 100. vergebliche Bewerbung geschrieben haben, bei Jugendlichen, die trotz allem Einsatz nach der Schule keinen Ausbildungsplatz finden oder bei jungen Akademikerinnen und Akademikern, die als Form der neuen Ausbeutung das 5. Praktikum in Folge machen in der Hoffnung, danach endlich eingestellt zu werden. Wie weit muss ein Ministerpräsident von der Lebenswirklichkeit entfernt sein, um solche Sätze zu formulieren? Dazu passt auch die Formulierung in seinem Redemanuskript: Immerhin ermöglicht das Einkommen, das Hartz-IV-Empfängern zur Verfügung steht, einen Lebensstandard und Wohnverhältnisse, von denen unsere Eltern in den Nachkriegszeiten träumen konnten. Gemessen daran geht es heute allen relativ gut. Welch unglaublicher Zynismus! Dieses Land hat eine bessere Sozialpolitik und einen anderen Ministerpräsidenten verdient! Dafür werden wir in den nächsten Monaten kämpfen.