Schutz vor Passivrauchen
- Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3469Anrede!
Die Welt schaut gespannt nach Deutschland. Welche Impulse wird die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für den europäischen Einigungsprozess haben?
Wir wollen und müssen Motor in Europa sein.
Gleichzeitig kehrt dieses Deutschland bei vielen innenpolitischen Themen zurück in die Kleinstaaterei des 19. Jahrhunderts. Ich nenne nur beispielhaft Bildung, Ladenschluss, Heimrecht oder auch den Nichtraucherschutz. Das sichert uns zwar weltweit Aufmerksamkeit i.S. von Asterix und Obelix, nach vorne bringt es unser Land aber nicht.
Zukünftig werden Bürgerinnen und Bürgern, aber vor allem ausländischen Gästen an den Landesgrenzen deutlich merken, in welchem Bundesland sie sich gerade befinden und welche Vorschriften hier z.B. beim Raucherschutz gelten. Wir machen uns damit lächerlich, und zwar alle miteinander - und wir tragen damit weiter zur Politikverdrossenheit bei.
Beim Rauchen kommt auch noch die hinlänglich bekannte Doppelmoral dazu, wenn es um das Thema Sucht geht. Jährlich beklagen wir die Zahl der Drogentoten. Wenn jemand kifft kommt die Staatsgewalt. Schwerstkranken Drogenabhängigen verweigert die CDU auf Bundesebene gerade die Fortführung der erfolgreichen Heroinsubstitution. Begründung: der Staat dürfe keine Suchtmittel auf Krankenschein abgeben.
Bei den Volksdrogen Nr. 1 -Nikotin und Alkohol- werden hingegen die gesundheitlichen Folgen immer bagatellisiert oder als Kavaliersdelikt abgetan.
Der volkswirtschaftliche Schaden durch Tabakkonsum wird auf jährlich 20 bis 80 Mrd. Euro geschätzt. Dieser muss in der Regel aus unseren Krankenkassenbeiträgen beglichen werden. Dem gegenüber stehen nur 15 Mrd. Euro Staatseinnahmen aus der Tabaksteuer.
Auch die 140.000 Nikotintote jährlich in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache. Zwar ist jeder für sein eigenes Verhalten verantwortlich. Aber beim Rauchen hört der Spaß spätestens dort auf, wo Nichtraucherinnen und Nichtraucher unfreiwillig geschädigt werden und wo sich Menschen aufhalten, die sich gegen das Vollqualmen nicht wehren können. Mindestens 3.300 Tote jährlich durch das unfreiwillige Einatmen der im Tabakrauch enthaltenen Giftstoffen hat das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg ermittelt. Das sind umgerechnet 10 Tote pro Tag - und wir leisten uns eine Zuständigkeitsdebatte, versuchen die schweren gesundheitlichen Schäden von Nikotin herunter zu spielen und knicken regelmäßig mit fadenscheinigen Argumente vor der Tabaklobby ein.
Ich halte das für unverantwortlich und nicht mehr hinnehmbar.
Wir haben hier in dieser Woche intensiv über Kinder- und Jugendschutz gestritten. Der Umgang mit dem Thema Nichtraucherschutz gehört wohl unstrittig dazu.
Von Parlamentariern, die ernst genommen werden wollen - und das wollen wir alle - können vor allem Jugendliche auch eine Vorbildfunktion erwarten.
Und ich sage hier ganz deutlich: die Art, wie wir hier in unserem Landtag das Thema Nichtraucherschutz bisher geregelt haben und wie der Bundestag in dieser Woche fraktionsübergreifend damit umgegangen ist, erfüllt nach meiner persönlichen Meinung diese Vorbildfunktion nicht. Vielmehr zementieren wir damit das Vorurteil der Unglaubwürdigkeit von Politikerinnen und Politikern. Wir sollten im Ältestenrat noch einmal darüber reden, ob wir nicht doch bessere Regelungen finden, um beiden Seiten gerecht zu werden.
Übrigens: Das schon vorbeugend stattfindende Klagelied der Gastronomie über die Folgen eines Rauchverbotes sind nach den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern unbegründet. Dort haben Raucherverbote wider Erwarten zu Umsatzsteigerungen geführt, weil jetzt Gäste kommen, die aufgrund der Nikotinbelastung bisher weggeblieben waren.
Die SPD hat im September vergangenen Jahres einen umfassenden Antrag zum Thema Nichtraucher schützen Jugendschutz verbessern eingebracht.
Die Länder haben sich am 13.12.2006 bei der Bundeskanzlerin darauf verständigt, bis zum März dieses Jahres Vorschläge für einen umfassenden Nichtraucherschutz zu erörtern. Wir haben uns im Ausschuss darauf verständig, diesen Zeitraum abzuwarten.
Die Federführung liegt dabei in Niedersachsen und ich hoffe wirklich, dass die Ministerin an dieser Stelle Erfolg hat und die Länder sich verständigen, auch wenn es gegenwärtig nicht so aussieht.
Wenn nicht und wir zur Kleinstaaterei gezwungen werden, erwarte ich allerdings eine schnelle Entscheidung über unseren Entschließungsantrag und die Vorlage eines umfassenden Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes .